ZWeR 2004, 512
Paradigmenwechsel bei der Abgrenzung relevanter Märkte?
Ansatzpunkte und Grenzen eines „more economic approach“ der Marktabgrenzung am Beispiel des „trans-o-flex“-Beschlusses des OLG Düsseldorf
Die wettbewerbspolitische Diskussion ist derzeit geprägt von dem Schlagwort eines „more economic approach“ der Kartellrechtsanwendung. Die Debatte kreist um die Frage, ob und inwieweit die Kartellbehörden und Gerichte ökonomischen Zusammenhängen bei der Entscheidungsfindung bisher zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet haben und diesen zukünftig mehr Beachtung schenken sollten. Das Problem der Abgrenzung relevanter Märkte ist wegen seiner zentralen Bedeutung für die Beurteilung wettbewerbsrechtlicher Sachverhalte einer der Schwerpunkte der Diskussion. In Deutschland ist diese Debatte jedoch keineswegs neu. Die spezifische Ausformung des Bedarfsmarktkonzepts durch das Bundeskartellamt und die Gerichte wurde bereits in der Vergangenheit aus ökonomischer Perspektive kritisch beleuchtet. Jüngst wurde in dieser Zeitschrift sogar angeregt, dass sich die Kartellrechtspraxis von dem Bedarfsmarktkonzept verabschieden und stattdessen das „Konzept der Wirtschaftspläne“ anwenden solle.1 Die vorliegende Abhandlung beschreibt und beurteilt vor diesem Hintergrund die möglichen Ansatzpunkte, systematischen Grenzen und praktischen Umsetzungsprobleme eines „more economic approach“ der Marktabgrenzung. Neben den verschiedenen empirisch-quantitativen Testverfahren wie z. B. dem SSNIP-Test wird auch das Wirtschaftsplankonzept einer kritischen Bewertung unterzogen. Beurteilungsmaßstab für die verschiedenen Ansätze ist neben der Aussage- und Beweiskraft des Testverfahrens der mit dessen Anwendung verbundene adminis-trative Aufwand. Eine der wesentlichen Schlussfolgerungen der nachfolgenden Analyse lässt sich durch folgendes Zitat zusammenfassen: „Quantitative -methods can be extremely valuable in studying a wide range of empirical -questions involving antitrust and can prove helpful in the judicial disposition of cases. When properly utilized, the benefits can be substantial. There is, -however, a serious possibility of misuse.“2
ZWeR 2004, 513Inhaltsübersicht
- I. Einleitung
- II. Das Bedarfsmarktkonzept – Juristische „Leerformel“ mit begrenzter ökonomischer Substanz?
- 1. Grundlinien der Diskussion
- 2. Der Fall „Deutsche Post/trans-o-flex“ – ein typisches Beispiel?
- 3. Zwischenergebnis
- III. Grundkonzeption, systematische Grenzen und praktische Umsetzungsprobleme ökonomischer Analyseansätze der Marktabgrenzung
- 1. Systematische Fallstricke und praktische Umsetzungserfordernisse des SSNIP-Tests und der „critical-loss“-Analyse
- 2. Zur Aussagekraft von (Kreuz-)Preiselastizitäten und Substitutions- bzw. Abwanderungsraten („diversion ratio“)
- 3. Zur Indizwirkung der Ergebnisse von Preiskorrelations- und Preisanpassungsanalysen
- 4. Probleme der Erfassung des Ausmaßes der Angebotssubstitution
- 5. Das Konzept der Wirtschaftspläne als Ausweg?
- IV. Schlussfolgerungen und Ausblick
- *
- *)Dipl.-Volkswirt, Oberregierungsrat im Bundeskartellamt, Bonn. Der Verfasser ist Beisitzer der für Post und damit für das „trans-o-flex“-Verfahren zuständigen 9. Beschlussabteilung und Mitglied der Projektgruppe „Ökonomische Konzepte“. Die vertretenen Thesen spiegeln ausschließlich die persönliche Auffassung des Verfassers wider.
- 1
- 1)Säcker, ZWeR 2004, 1.
- 2
- 2)Rubinfeld/Steiner, Law and Contemporary Problems, 46 (1983), 70, 139.
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