ZWeR 2024, 233

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln 2199-1723 Zeitschrift für Wettbewerbsrecht ZWeR 2024 AufsätzeAndreas Fuchs*

Brauchen wir ein (sektorspezifisches) Monopolisierungsverbot? – Eine kritische Analyse des Anwendungsbereichs und der konzeptionellen Grundlagen der „Anti-Tipping“-Regelung des § 20 Abs. 3a GWB

Mit der 10. GWB-Novelle hat der deutsche Gesetzgeber erstmals eine Vorschrift eingeführt, die sich unmittelbar gegen die Erlangung einer marktbeherrschenden Stellung richtet: § 20 Abs. 3a GWB soll das drohende „Kippen“ (sog. Tipping) eines Marktes in ein kaum noch angreifbares (Quasi-)Monopol verhindern. Der neue Eingriffstatbestand beschränkt sich auf mehrseitige Märkte und Netzwerke i. S. d. § 18 Abs. 3a GWB und ist damit in gewisser Weise sektorspezifisch. Inhaltlich knüpft er an Verhaltensweisen an, welche die eigenständige Erzielung von Netzwerkeffekten durch Wettbewerber behindern, sofern dadurch die „ernstliche Gefahr“ begründet wird, dass „der Leistungswettbewerb in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird“. Die Norm ist formuliert als spezieller Anwendungsfall des horizontalen Behinderungsverbots des § 20 Abs. 3 Satz 1 GWB. Der folgende Beitrag analysiert, inwiefern sich § 20 Abs. 3a GWB tatsächlich friktionsfrei in das herkömmliche System der Missbrauchsvorschriften für marktstarke Unternehmen einfügt und auch einen substantiellen Beitrag zur Verbesserung der Missbrauchsaufsicht leistet. Dabei wird auch der Frage nachgegangen, ob ein derart beschränktes Monopolisierungsverbot überhaupt notwendig ist und die ihm zugedachte Funktion erfüllen kann oder ob ggf. die Einführung eines allgemeinen Monopolisierungsverbots nach dem Vorbild des US-amerikanischen Rechts (Sec. 2 Sherman Act) sinnvoll erscheint.

Inhaltsübersicht

  • I. Einführung in die Problemstellung
  • II. Vermeidung eines Tipping von Märkten als legitimes Ziel des Kartellrechts?
    • 1. Ausgangspunkt
    • 2. Normzweck des § 20 Abs. 3a GWB
    • 3. Besondere Gefährdungslage bei (digitalen) Plattformen und Netzwerken
    • 4. Kritik aus ökonomischer Perspektive
    • 5. Normative Bewertung der Tipping-Gefahr
  • III. Regelungsansatz und dogmatische Verortung des Anti-Tipping-Paragraphen
    • 1. Selektive Absenkung der Eingreifschwelle bei Missbrauch einer marktstarken Stellung
      • 1.1 Schutz abhängiger Unternehmen bei relativer Marktmacht im Vertikalverhältnis
      • 1.2 Schutz kleiner und mittlerer Unternehmen bei überlegener Marktmacht von Wettbewerbern
    • 2. Begrenzte Erweiterung des Schutzes im Horizontalverhältnis durch § 20 Abs. 3a GWB
      • 2.1 Spezieller Anwendungsfall des horizontalen Behinderungsverbots
      • 2.2 Inhaltliche Unterschiede zu § 20 Abs. 3 GWB
    • 3. Kritik am Regelungskonzept
      • 3.1 Aufgabe des KMU-Kriteriums bei der Feststellung überlegener Marktmacht
      • 3.2 Ausgestaltung als Gefährdungstatbestand
    • 4. Ähnlichkeit mit anderen Regeln zur Bekämpfung von „Marktstörungen“?
      • 4.1 Vergleich mit der lauterkeitsrechtlichen Fallgruppe der allgemeinen Marktbehinderung (Marktstörung)
      • 4.2 Rückschlüsse aus der „Störung des Wettbewerbs“ i. S. d. § 32f Abs. 3, 5 GWB?
  • IV. Konkretisierung der tatbestandlichen Anforderungen an einen Verstoß gegen § 20 Abs. 3a GWB
    • 1. Behinderung der eigenständigen Erzielung von Netzwerkeffekten
      • 1.1 Allgemeines
      • 1.2 Fallgruppen
        • 1.2.1 Ausschluss oder Beschränkung von Multihoming
        • 1.2.2 Erschwerung des Plattformwechsels
        • 1.2.3 Sonstige Maßnahmen
    • ZWeR 2024, 234
    • 2. Gefahr der Einschränkung des Leistungswettbewerbs
      • 2.1 Probleme der Abgrenzung von Leistungs- und Nichtleistungswettbewerb
        • 2.1.1 Allgemeines
        • 2.1.2 Identifikation materieller Wertungskriterien
        • 2.1.3 Mögliche weitere Anhaltspunkte für die Abwägung
      • 2.2 Grad der Gefährdung
        • 2.2.1 Abstrakte oder konkrete Gefahr?
        • 2.2.2 Anforderungen an die Prognose
      • 2.3 Ausmaß der prognostizierten Einschränkung des Leistungswettbewerbs
  • V. Wettbewerbspolitische Würdigung
    • 1. Erforderlichkeit eines speziellen Tipping-Verbots?
      • 1.1 Eingriffsmöglichkeiten nach § 19a GWB
      • 1.2 Regulierung des Verhaltens von Torwächtern durch den Digital Markets Act
      • 1.3 Zwischenergebnis
    • 2. Einführung eines allgemeinen Monopolisierungsverbots?
      • 2.1 Sec. 2 Sherman Act als Vorbild?
      • 2.2 Aufhebung der gegenständlichen Beschränkung der Anti-Tipping-Regel?
  • VI. Fazit
*
*)
Prof. Dr. iur., LL.M. (Michigan), RiOLG a.D., Institut für Unternehmens- und Wirtschaftsrecht der Universität Osnabrück

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