ZWeR 2010, 138

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln 1611-1982 Zeitschrift für Wettbewerbsrecht ZWeR 2010 AufsätzeStefan Thomas*

Die irreversible Sanktionslücke im deutschen Kartellbußgeldrecht

Die 7. GWB-Novelle von 2005 hat § 81 GWB umstrukturiert und mit der 10 %-Kappungsgrenze eine neue Bußgeldrechtsfolge eingeführt. Die bisherige wissenschaftliche Diskussion hat sich auf die Frage der Verfassungswidrigkeit dieses weiten Rechtsfolgenermessens konzentriert. Wenig beachtet wurde hingegen das Problem, ab wann § 81 GWB n. F. überhaupt in Kraft getreten ist. Anlass für eine vertiefte Untersuchung dieses Themas ist der Umstand, dass die 7. GWB-Novelle vom 12. Juli 2005 ein rückwirkendes Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Juli 2005 vorgesehen hatte. Auch die Verschärfung von Bußgeldrechtsfolgen unterliegt aber dem verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG. Das OLG Düsseldorf hat in seinem Urteil vom 26. Juni 2009 im Fall Zementkartell nun entschieden, dass § 81 GWB trotz Rückwirkungsverbots bereits im Jahr 2005 wirksam geworden sei. Umgekehrt hatte jedoch der Gesetzgeber wegen der möglichen Verletzung des Art. 103 Abs. 2 GG selbst Bedenken, ob die Novellierung der Bußgeldvorschrift im Jahr 2005 in Kraft treten konnte und daher § 81 GWB in seiner Gesamtheit im Rahmen der Preismissbrauchsnovelle von 2007 neu verkündet. Soweit infolge eines Verstoßes gegen das ZWeR 2010, 139Rückwirkungsverbot zwischen dem 1. Juli 2005 und dem Inkrafttreten der Preismissbrauchsnovelle eine Sanktionslücke eintrat, könnte dies wegen des lex mitior-Grundsatzes des § 4 Abs. 3 OWiG auch für Handlungen, die vor dem 1. Juli 2005 lagen, zur Bußgeldfreiheit führen. Der vorliegende Beitrag untersucht vor diesem Hintergrund das Problem einer möglichen Sanktionslücke im deutschen Kartellbußgeldrecht, die Folgen für die Sanktionierung bereits begangener Taten und die gesetzgeberischen Handlungsspielräume für nachträgliche Korrekturen des rechtlichen status quo.

Inhaltsübersicht

  • I. Das Problem
  • II. Das Inkrafttreten des Neu-Rechts und das Außerkrafttreten des Alt-Rechts
    • 1. Die Frage des Inkrafttretens des § 81 GWB n. F. durch die 7. GWB-Novelle
      • 1.1 Der materielle Gehalt des Rückwirkungsverbots
      • 1.2 Die Genese der § 81 Abs. 4 Satz 1 und 2 GWB
        • 1.2.1 Die 7. GWB-Novelle 2005
        • 1.2.2 Die sog. „Preismissbrauchsnovelle“ 2007
      • 1.3 Die Anwendung des Art. 103 Abs. 2 GG
        • 1.3.1 Das Problem des rückwirkenden Inkrafttretens zum 1. Juli 2005
        • 1.3.2 Die Begründungsansätze für ein Inkrafttreten vor dem 22. Dezember 2007
    • 2. Die Frage der Fortgeltung des § 81 Abs. 2 GWB i. d. F. der 6. GWB-Novelle
      • 2.1 Lex posterior derogat legi priori
      • 2.2 Das Außerkrafttreten des § 81 Abs. 2 GWB a. F. durch die 7. GWB-Novelle
        • 2.2.1  Die These des OLG Düsseldorf im Fall Zementkartell
        • 2.2.2  Die Frage des Fortwirkens des § 81 Abs. 2 GWB a. F. nach Inkrafttreten der
          7. GWB-Novelle
    • 3. Die Beachtung des effet utile-Grundsatzes
  • III.  Die Folgerungen für die Möglichkeit der Sanktionierung von in der Vergangenheit liegenden Verstößen
    • 1. Zuwiderhandlungen aus dem Zeitraum zwischen dem 1. Juli 2005 und dem 22. Dezember 2007
    • 2. Zuwiderhandlungen aus dem Zeitraum vor dem 1. Juli 2005
      • 2.1 Das Problem
      • 2.2 Der lex mitior-Grundsatz des § 4 Abs. 3 OWiG
    • 3.  Die Frage nach gesetzgeberischen Möglichkeiten einer nachträglichen Korrektur der Sanktionslücke für Altverstöße
      • 3.1 Fälle innerhalb der Sanktionslücke
      • 3.2 Fälle vor Eintritt der Sanktionslücke
        • 3.2.1  Die bisherige Judikatur und Gesetzgebung zur Frage der rückwirkenden Außerkraftsetzung des lex mitior-Grundsatzes zwecks Schließung von Sanktionslücken
        • 3.2.2 Die Anwendung dieser Grundsätze auf die Preismissbrauchsnovelle von 2007
        • 3.2.3 Die in Bezug auf § 81 GWB bestehenden Möglichkeiten de lege ferenda
  • IV. Ergebnis
*
*)
Prof. Dr. iur. Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, Wettbewerbs- und Versicherungsrecht an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Der Beitrag beruht auf einer Anfrage aus der Praxis.

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