ZWeR 2022, 80

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln 2199-1723 Zeitschrift für Wettbewerbsrecht ZWeR 2022 AufsätzeJustus Haucap* / Ulrich Heimeshoff**

Kartellschadensermittlung im Spannungsfeld zwischen Präzision und Effizienz: Prinzipielle Anforderungen aus ökonomischer Perspektive und praktische Handlungsoptionen

Kartellschadensersatzverfahren sind regelmäßig mit ökonomischen Gutachten beider Parteien verbunden. Typischerweise weichen diese Gutachten in ihren Ergebnissen deutlich voneinander ab. Während die Gutachten der beklagten Parteien fast immer zu dem Ergebnis kommen, dass kein Schaden entstanden sei, enthalten die Gutachten der Kläger immer das Ergebnis, dass sehr wohl ein – meist ganz erheblicher – Schaden entstanden sei. Für das Gericht ergibt sich – gerade nach den Urteilen des Bundesgerichtshofs in Schienenkartell II und LKW-Kartell II – die Notwendigkeit, diese ökonomischen Gutachten umfassend zu würdigen. Der vorliegende Beitrag bietet dazu Hilfestellung an und greift die wichtigsten Probleme bei der Wahl geeigneter Ansätze zur Schadensermittlung auf, welche bei der Würdigung ökonomischer Schadensgutachten einbezogen werden sollten. Darüber hinaus befassen wir uns mit Möglichkeiten zur Ersteinschätzung der Schäden in bestimmten Kartellfällen und diskutieren den Nutzen von Schadensvermutungen zur Beurteilung des Einzelfalls. In diesem Kontext diskutieren wir zum einen die Arbeit von Gerichtsgutachtern. Zum anderen entwickeln wir einen eigenen Vorschlag zur Erstellung von Ersteinschätzungen zur Höhe kartellbedingter Schäden als Hilfestellung für die Gerichte inklusive der institutionellen Ausgestaltung eines solchen Ansatzes.

Inhaltsübersicht

  • I. Einführung
  • II. Ökonometrische Analysen in der gerichtlichen Praxis
    • 1. Der Idealfall: Differenzen-in-Differenzen
    • 2. Die Realität: Der zeitliche Vergleich
    • 3. Praktische und theoretische Probleme der Schadensermittlung
      • 3.1 Relevanter Kartellzeitraum
      • 3.2 Strategische Preissetzung nach Kartellende
      • 3.3 Datenverfügbarkeit und Methodenwahl
  • III. Beurteilung ökonomischer/ökonometrischer Gutachten in der gerichtlichen Praxis
    • 1. Die Qualität ökonomischer Schadensermittlungen
    • 2. Daten
    • 3. Methoden und Modellwahl
      • 3.1 Generelle Erwägungen
      • 3.2 Verwendung von Teilmengen der Daten
      • 3.3 Variablenauswahl
    • 4. Zwischenfazit
  • IV. Komplexitätsreduktion zur Schadensermittlung in der gerichtlichen Praxis
    • 1. Sinn und Nutzen der Quantifizierung von Schadensvermutungen
    • 2. Schadenseingrenzungen als alternative Orientierungspunkte
      • 2.1 Gerichtsgutachter in Kartellfällen
      • 2.2 Ein Alternativvorschlag: Indikation der erwarteten Schadenshöhe durch Bundeskartellamt oder Monopolkommission
  • V. Fazit und Ausblick
*
*)
Prof. Dr. iur., Direktor des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie (DICE) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und Partner der DICE Consult GmbH
**
**)
Dr. iur., Professor am Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und Partner der DICE Consult GmbH
Der vorliegende Beitrag ist eine verschriftlichte und erweiterte Fassung unseres Vortrags im Rahmen des Seminars „Kartellschadensersatz im Spannungsverhältnis zwischen Ökonomie und Recht“ des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe am 17. 9. 2021. Wir danken den Teilnehmerinnen und Teilnehmern für hilfreiche Kommentare und die anregende Diskussion. Für die kritische Durchsicht des Manuskriptes danken wir Alexander Ehrlich.

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