ZWeR 2019, 62
Preishöhenmissbrauch bei Arzneimitteln
In letzter Zeit sind zahlreiche Fälle hoher Preise und drastischer Preiserhöhungen bei Arzneimitteln bekannt geworden und auch in den Fokus der Wettbewerbsbehörden gerückt. Dabei besteht in Märkten für Arzneimittel naturgemäß ein Spannungsverhältnis zwischen hohen Preisen und Innovationsanreizen. Hohe Preise, die durch neue Arzneimittelprodukte erzielt werden sollen, bewirken einerseits Anreize zur Investition in F&E, andererseits ist aufgrund der geringen Nachfrageelastizität bei zum Teil essentiellen Arzneimitteln die Festsetzung sehr hoher Preise möglich. Diese werden je nach Erstattungssystem von Systemen der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen oder direkt den Patienten verrechnet. Die zentrale Herausforderung besteht demnach darin, eine Grenze festzulegen, welche hohe, jedoch kartellrechtlich zulässige Preise von marktmissbräuchlichen Preisen trennt. Schwierigkeiten ergeben sich im pharmazeutischen Bereich allerdings bereits aus der Prüfung der marktbeherrschenden Stellung. Diese wird auf Arzneimittelmärkten nicht unwesentlich durch die Macht am Nachfragemarkt beeinflusst, die sich aus den unterschiedlichen regulatorischen Maßnahmen und der staatlichen Preisfestsetzungen der einzelnen Mitgliedsstaaten ergibt. Die Festlegung der Grenze von zulässigen und gleichzeitig innovationsfördernden Preisen bedarf in diesem Sektor daher der Berücksichtigung mehrerer Faktoren und erfordert eine detaillierte Analyse. Der folgende Beitrag geht diesen Fragen nach und entwickelt im Rahmen von Art. 102 AEUV ein Konzept der Prüfung eines Preishöhenmissbrauchs bei der Festlegung der Abgabepreise durch den Hersteller.
Inhaltsübersicht
- I. Einleitung
- II. Marktabgrenzung
- 1. Allgemein
- 2. Sachlich relevanter Markt
- 2.1 Beurteilungskriterien
- 2.1.1 Verwendungszweck
- 2.1.2 Bezugsmöglichkeiten
- 2.1.3 Trägheit der Nachfrage
- 2.1.4 Preis
- 2.1.5 Angebotssubstituierbarkeit
- 2.2 Schlussfolgerungen
- 3. Räumlich relevanter Markt
- III. Marktbeherrschende Stellung
- 1. Allgemein
- 2. Patentrechte
- 3. Verhandlungsmacht der Nachfrage
- IV. Preishöhenmissbrauch
- 1. Allgemein
- 2. Signifikant und anhaltend überhöhte Preise
- 3. Vergleichsmarktkonzept
- 3.1 Generelle Rahmenbedingungen
- 3.2 Anwendung auf Arzneimittel
- 4. Gewinnbegrenzungskonzept
- 4.1 Allgemein
- 4.2 Berücksichtigungsfähige Kosten
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- 4.3 Angemessener Gewinn
- 4.4 Zusätzliche werterhöhende Faktoren
- V. Preishöhenmissbrauch bei aufrechtem Patentschutz
- 1. Problemstellung
- 2. Position I: Patentrecht verdrängt Verbot des Preishöhenmissbrauchs
- 2.1 Verdrängung des gesamten Kartellrechts durch ein aufrechtes Patent
- 2.2 Verdrängung des Verbots des Preishöhenmissbrauchs durch das Patentrecht
- 3. Position II: Preishöhenmissbrauch unabhängig von Patenten
- 4. Position III: Modifikation des Preishöhenmissbrauchs durch Patente
- 4.1 Missverhältnis Preis – Kosten
- 4.2 Missverhältnis Preis – Wohlfahrt der Versicherten
- 4.3 Missverhältnis Preis – Erfinderlohn
- VI. Zusammenfassung der wesentlichen Thesen
- *
- *)Univ.-Prof. Dr. iur., LL.M. (Columbia) ist am Institut für Unternehmens- und Wirtschaftsrecht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien tätig.
- **
- **)Univ.-Ass. Dr. iur. ist als Universitätsassistent (Post-Doc) am Institut für Unternehmens- und Wirtschaftsrecht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien tätig. Der vorliegende Beitrag geht auf ein Rechtsgutachten zurück, das für die österreichische Sozialversicherung erstattet wurde. Er gibt ausschließlich die Auffassung der Autoren wieder.
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