ZWeR 2010, 34

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln 1611-1982 Zeitschrift für Wettbewerbsrecht ZWeR 2010 AufsätzeJoachim Bornkamm*

Richterliche Kontrolle von Entscheidungen im deutschen und europäischen Kartellverwaltungsverfahren

Dieser Beitrag behandelt die alte Frage der Kontrolldichte bei der Anfechtung von Entscheidungen der Kartellbehörden in etwas anderem Licht: Ausgehend von dem Anspruch einer vollständigen Kontrolle auch komplexer ökonomischer Sachverhalte im deutschen Recht stellt er die Frage, weshalb in Deutschland nicht nur der Tatrichter, sondern auch das Rechtsbeschwerde- oder Revisionsgericht die ökonomische Einschätzung der Kartellbehörde umfassend überprüft. Die Gerichte der Union räumen dagegen der Kommission bei der Einschätzung komplexer ökonomischer Gegebenheiten einen Beurteilungsspielraum ein. Am Beispiel des Art. 101 Abs. 3 AEUV zeigt der Beitrag, dass dieses Konzept mit der unmittelbaren Anwendbarkeit der Norm auch durch nationale Wettbewerbsbehörden und Gerichte nicht ohne weiteres vereinbar ist.

Inhaltsübersicht

  • I. Einleitung
  • II. Beurteilungsspielraum und richterliche Kontrolle im deutschen Kartellverwaltungsrecht
    • 1. Volle Überprüfbarkeit kartellbehördlicher Entscheidungen
    • 2. Überprüfung kartellbehördlicher Entscheidungen in der Rechtsbeschwerdeinstanz
      • 2.1 Zwei Beispiele aus der Fusionskontrolle
      • 2.2 Prozessrechtliche Rechtfertigung
        • 2.2.1 Feststellung von Erfahrungssätzen
        • 2.2.2 Allgemeinkundige und nicht allgemeinkundige Erfahrungssätze
        • 2.2.3 Ökonomische Erfahrungssätze
  • III. Richterliche Kontrolle von Kartellverwaltungsentscheidungen der Kommission
    • 1. Ausgangspunkt im europäischen Recht
    • 2. Beurteilungsspielraum bei der Anwendung von Art. 101 Abs. 3 AEUV?
      • 2.1 Beurteilungsspielraum der Kommission?
      • 2.2 Beurteilungsspielraum und unmittelbare Anwendung
      ZWeR 2010, 35
      • 2.3 Beurteilungsspielraum oder eingeschränkter Rechtsschutz?
      • 2.4 Zwischenergebnis
      • 2.5  Unterschiedliche Kontrolldichte im Zivilprozess und im Verwaltungsverfahren vor den europäischen Gerichten?
    • 3. Gruppenfreistellungsverordnungen im System der Legalausnahme
      • 3.1 Rolle der Gruppenfreistellungsverordnungen nach dem Systemwechsel
      • 3.2 Gruppenfreistellung und materielle Freistellungsvoraussetzungen
      • 3.3  Ermessen und Beurteilungsspielraum der Kommission im Zusammenhang mit dem Erlass von Gruppenfreistellungsverordnungen
  • IV. Zusammenfassung
*
*)
Dr. iur., Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof, Honorarprofessor an der Universität Freiburg i. Br.
Druckfassung des Vortrags, den der Verfasser am 24. Juli 2009 beim Tübinger Symposion aus Anlass der Emeritierung von Wernhard Möschel gehalten hat.

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