ZWeR 2016, 179

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln 2199-1723 Zeitschrift für Wettbewerbsrecht ZWeR 2016 EntscheidungsbesprechungenBoris P. Paal*

Presse-Grosso-System – Befreiung(en) vom Kartellverbot und Betrauung

Zugleich Besprechung BGH v. 6. 10. 2015 – KZR 17/14 – Zentrales Verhandlungsmandat

Der Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften erfolgt in Deutschland vornehmlich durch das Presse-Grosso-System, welches seinerseits kartellrechtlich überprüfungsbedürftige Wesensbestandsteile aufweist, so etwa vertikale Preisbindungen, horizontale Gebietsaufteilungen und zentrale Verhandlungsmandate für Branchenvereinigungen von Verlegern bzw. Grossisten. Innerhalb weniger Jahre hatte der Kartellsenat des BGH in zwei Verfahren zu Grundsatzfragen des Presse-Grosso-Vertriebs zu entscheiden: Zunächst ging es im Jahre 2011 um die Rechtmäßigkeit der Kündigung einer Geschäftsbeziehung zu einem Presse-Grossisten durch einen Zeitschriftenverlag, sodann im Oktober 2015 um das zentrale Verhandlungsmandat des Bundesverbandes Presse-Grosso. Noch während der Streit um das zentrale Verhandlungsmandat im Instanzenzug befindlich war, intervenierte der Gesetzgeber durch die Einführung von § 30 Abs. 2a GWB im Zuge der 8. GWB-Novelle 2013. Ausweislich der Gesetzesbegründung war ein erklärtes Ziel der Neukodifikation, das Presse-Grosso-System kartellrechtlich abzusichern. Vor diesem Hintergrund behandelt der folgende Beitrag, ausgehend von der Entscheidung des BGH, umfassend die aufgeworfenen kartellrechtlichen Fragestellungen im Spannungsfeld von Pressefreiheit, Pressevertrieb und Kartellrecht – sowie die hieraus ableitbaren, keinesfalls nur auf Pressesachverhalte beschränkten Praxisfolgen.

Leitsätze des Gerichts:

1. § 30 Abs. 2a GWB ist mit Art. 106 Abs. 2 AEUV vereinbar.
2. Der flächendeckende und diskriminierungsfreie Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften ist eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Unionsrechts.
3. Der Gesetzgeber hat die Presseverlage und Presse-Grossisten sowie ihre Vereinigungen damit betraut, den flächendeckenden und diskriminierungsfreien Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften im stationären Einzelhandel sicherzustellen und damit unabhängig von den Kosten jede Zeitungs- und Zeitschriftenverkaufsstelle zu beliefern, die darum nachsucht.

Inhaltsübersicht

  • I. Einleitung
  • II. Tatsächliche und rechtliche Grundlagen des Presse-Grosso-Systems
    • 1. Dispositions- bzw. Remissionsrecht und vertikale Preisbindung
      • 1.1 Bereichsausnahme – § 30 Abs. 1 GWB
      • 1.2 Rechtsprechung des BVerfG
    • 2. Alleinvertriebs- bzw. Gebietsmonopole und zentrales Verhandlungsmandat
    • 3. Zwischenergebnis
  • III. Freigestellte Branchenvereinbarungen – § 30 Abs. 2a GWB
    • 1. Hintergrund und Vorgeschichte
    • 2. Norminhalt und Telos
    • 3. Verfassungskonformität
      • 3.1 Gesetzgebungskompetenz
      • 3.2 Materiellrechtliche Betrachtung
    • 4. Europarechtskonformität
  • ZWeR 2016, 180
  • IV. Zentrales Verhandlungsmandat vor dem BGH
    • 1. Entscheidungen der Vorinstanzen
      • 1.1 Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV
      • 1.2 Keine Freistellung nach Art. 106 Abs. 2 AEUV
    • 2. Verbotstatbestand – Art. 101 Abs. 1 AEUV
      • 2.1 Anwendbarkeit/Zwischenstaatlichkeit
      • 2.2 Tatbestandsvoraussetzungen
        • 2.2.1 Vorliegen einer Wettbewerbsbeschränkung
        • 2.2.2 Modifikation durch teleologische Reduktion
    • 3. Freistellung vom Kartellverbot – Art. 101 Abs. 3 AEUV
      • 3.1 Grund- und verfassungsrechtliche Wertungen – Vielfaltssicherung
      • 3.2 Maßgeblichkeit außer-ökonomischer Rechtfertigungsgründe
      • 3.3 Pressevielfalt als Zielwert
    • 4. Ausnahmevorschrift – Art. 106 Abs. 2 AEUV
      • 4.1 Betrauung – Anforderungen und Ausgestaltung
        • 4.1.1 Abweichende Auffassung des OLG Düsseldorf
        • 4.1.2 Kritik an der Argumentation des BGH
        • 4.1.3 Zwischenergebnis
      • 4.2 Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse
      • 4.3 Verhinderung der Aufgabenerfüllung – Verhältnismäßigkeitsvorbehalt
      • 4.4 Keine Vorlage an den EuGH – Art. 267 AEUV
      • 4.5 Ausführungen zur Hilfsbegründung – § 21 Abs. 2 GWB
  • V. Abschließende Gesamtwürdigung
*
*)
Prof. Dr. iur., M.Jur. (Oxford); Inhaber des Lehrstuhls für Zivil- und Wirtschaftsrecht, Medien- und Informationsrecht, Direktor des Instituts für Medien- und Informationsrecht – Abt. I: Privatrecht an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

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